Windlast und Schneelast berechnen: So geht’s!
Jedes Dach und jede Photovoltaik-Anlage steht und fällt mit einer sorgfältigen Planung. In diesem Fall ist das tatsächlich wörtlich gemeint: Denn bei der Vorbereitung Deines Bauprojekts solltest Du die Einflüsse von Wind- und Schneelast auf die Stabilität Deiner Konstruktion unbedingt berücksichtigen. Andernfalls sind zerstörte Solaranlagen, eingebrochene Garagendächer oder verschobene Lüftungskanäle die Konsequenz – und natürlich die erheblichen finanziellen Schäden, die daraus resultieren.
In diesem Artikel erfährst Du, wie Du die Schneelast und die Windlast für Dein Dach oder Deine PV-Anlage richtig berechnen kannst. Außerdem zeigen wir Dir leicht umsetzbare Methoden, die die Leistung und Sicherheit Deiner Photovoltaik-Anlage sicherstellen.
Wie wirken Wind- und Schneelast genau?
Die konkreten Auswirkungen von Schnee- und Windlasten auf ein Bauwerk oder eine Solaranlage hängen im Wesentlichen von drei entscheidenden Einflussfaktoren ab:
dem Standort,
der Geländehöhe
und der Bauwerkshöhe.
Schnee- und Windlasten wirken grundsätzlich als Flächenlast auf eine Grundfläche. Die Schneelast wirkt dabei senkrecht zur Gravitation nach unten. Im Gegensatz dazu wird bei der Windlast üblicherweise eine horizontale Wirkung parallel zur Bodenebene angenommen.
Zudem wird bei der Windlast noch einmal zwischen Winddruck und Windsog unterschieden. Der Winddruck, auch als Windkraft bezeichnet, ist vor allem für die Stabilität von Gebäuden relevant. Er wird vor allem durch die Windgeschwindigkeit und die Größe des Objekts beeinflusst.
Windsog entsteht, wenn Wind entlang eines Gebäudes strömt. Dieser Sog ist an der Umgebung und im Inneren des Gebäudes stärker als am Objekt selbst. Deshalb ist der Windsog besonders für exponierte Teile an der Fassade und am Dach des Gebäudes wichtig. Der Windsog korreliert dabei vor allem mit dem Geschwindigkeitsdruck.
Da wir jetzt geklärt haben, wie die unterschiedlichen Lastkräfte auf Dein Dach oder Deine Solaranlage wirken, zeigen wir Dir im nächsten Schritt, wie Du ganz einfach Schneelast und Windlast für Dein Projekt berechnen kannst.
Wie kannst Du die Windlast berechnen?
Den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Berechnung der Windlast liefern die Normen “Eurocode 1: DIN EN 1991-1-4:2010-12: Teil 1 bis 4: Allgemeine Einwirkungen; Windlasten” und die Richtlinie “DIN EN 1991-1-4/NA: 2010-12”. Diese “EuroCodes” sichern die Einheitlichkeit im europäischen Bauwesen und haben die alte deutsche Norm “DIN 1055:2005-03 Teil 4: Windlasten” abgelöst.
Doch wie solltest Du vorgehen, wenn Du die Windlast berechnen möchtest?
Schritt 1: Ermittle Deine Windzone.
Die Windlasten unterscheiden sich teils deutlich von Region zu Region. Deshalb solltest Du bei der Planung Deines Projekts die unterschiedlichen Windlastzonen unbedingt berücksichtigen, die in sogenannten Windzonenkarten festgehalten werden. Jede Zone unterscheidet sich hinsichtlich der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit und dem vorherrschenden Geschwindigkeitsdruck.
Nach DIN-Norm werden 4 Windlastzonen unterschieden:
Zone | durchschnittliche Windgeschwindigkeit in m/s | Geschwindigkeitsdruck in kN/m² |
1 | 22,5 | 0,32 |
2 | 25,0 | 0,39 |
3 | 27,5 | 0,47 |
4 | 30,0 | 0,56 |
Schritt 2: Finde heraus, in welcher Geländekategorie (GK) sich Dein Gebäude befindet.
Auch wenn sich die Windlasten für eine spezifische Region im Durchschnitt ermitteln lassen, spielt der individuelle Standort Deines Gebäudes eine wichtige Rolle. Schließlich wirkt der Wind auf einer Freifläche ganz anders als in einer dicht bebauten Stadt, selbst bei gleicher Windgeschwindigkeit.
Es gibt vier unterschiedliche Geländekategorien:
Geländekategorie | Definition |
Geländekategorie I | Offenes Meer oder Seen mit mindestens 5 km freier Fläche in Windrichtung. Außerdem flaches, unbebautes Land ohne Hindernisse. |
Geländekategorie II | Gelände mit Hecken, vereinzelten Gehöften, kleinen Häusern oder Bäumen, z. B. landwirtschaftlich genutztes Gebiet. |
Geländekategorie III | Vorstädte oder Industrie- oder Gewerbegebiete mit niedriger Bebauung oder Wälder. |
Geländekategorie IV | Stadtgebiete mit vielen Gebäuden, bei denen mindestens 15 % der Bauwerke eine durchschnittliche Höhe 15 m überschreitet. |
Schritt 3: Bestimme die maximale Böengeschwindigkeit.
Die genaue Stärke der Böengeschwindigkeit hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Zum einen spielen die Windlastzone und Geländekategorie eine große Rolle. Zum anderen ist die Höhe der geplanten Konstruktion von entscheidender Bedeutung. Dabei gilt: Je höher das Dach oder die PV-Anlage, desto größer wird auch die Windlast.
Hier findest Du ausführliche Tabellen, die die maximale Böengeschwindigkeit für unterschiedliche Windzonen und Geländekategorien angeben.
Die Unterschiede sind dabei teils erheblich: Zum Beispiel beträgt die maximale Böengeschwindigkeit in einer Höhe von 16 Metern in der Windzone 1 und Geländekategorie 1 bereits 136 km/h, während es in der Windzone 1 und Geländekategorie 4 nur 93 km/h sind.
Schritt 4: Wähle die richtige Beschwerung.
Wenn Du die maximale Böengeschwindigkeit für Deinen Standort ermittelt hast, solltest Du eine entsprechende Beschwerung wählen. Das Gewicht der Beschwerung sollte zur Sicherheit immer höher sein als die den einschlägigen Tabellen angegebenen Beschwerungswerte für die jeweilige Böengeschwindigkeit.
Welche Maßnahmen schützen gegen Windlastschäden bei Photovoltaik-Anlagen?
Je nach Standort und Aufstellung kann die Windlast ein relevantes Sicherheitsrisiko für PV-Anlagen darstellen. Im Normalfall ist dabei der Windsog ein größeres Problem als der Winddruck. Der auftreffende Wind wird bei einer geneigten Dachfläche nämlich einfach nach oben abgeleitet. Auf der windabgewandten Seite entsteht dann gleichzeitig ein Unterdruck. Das hat eine Sogwirkung zur Folge, die die Photovoltaik-Anlage regelrecht vom Dach reißen kann.
Allerdings ist das äußerst unwahrscheinlich, wenn Du Deine Module ausreichend sicherst: Bei einer festen Dachinstallation hilft eine höhere Anzahl an Dachhaken in besonders windreichen Regionen. Außerdem sollte die PV-Anlage nicht zu nah an den Dachrändern montiert werden. Selbst bei einer durchschnittlichen Windlast sollte der Abstand zum Dachrand mindestens das Doppelte des Dachüberstands betragen.
Bei Satteldächern entsteht die stärkste Sogwirkung am Dachfirst. Bei Flachdächern sollte im Optimalfall ein noch größerer Randabstand eingehalten werden als bei einem Schrägdach. Wenn die Windlast bei Deinem Standort besonders hoch ist, solltest Du zusätzlich unbedingt auf eine ausreichende Beschwerung achten.
Wie kann ich die Schneelast berechnen?
Die Schneelast wird bei der Projektplanung von Dächern oder Photovoltaik-Anlagen häufig unterschätzt. Im schlimmsten Fall kann das zu einem Zusammenbruch der Dachkonstruktion führen und große Schäden verursachen.
Dabei sind insbesondere die Bauweise des Daches und die Art des Schnees wichtige Faktoren: Flachdächer halten im Allgemeinen geringere Schneelasten aus als Schrägdächer. Nasser Schnee ist beispielsweise schwerer als Pulverschnee. Grundlage für die Berechnung der Schneelast ist die Norm DIN EN 1991-1-3.
So berechnest Du die Schneelast an Deinem Standort:
Schritt 1: Ermittle Deine Schneelastzone.
Zunächst solltest Du die Schneelastzone Deines Standorts kennen. In Deutschland gibt es insgesamt 5 unterschiedliche Schneelastzonen: 1, 1a, 2, 2a und 3.
Geringere Zahlen bedeuten immer eine geringere Schneelast. Der Zusatz "a" repräsentiert eine um 25 % erhöhte Schneelast im Vergleich zur jeweiligen Schneelastzone ohne den Buchstaben.
Auf der Seite der Bauministerkonferenz findest Du eine frei zugängliche Tabelle mit einer Auflistung der Schneelastzonen für alle Orte in Deutschland. Den Link siehst Du hier: https://www.bauministerkonferenz.de/suchen.aspx?id=1623&o=1623&s=schneelast.
Jede Schneelastzone hat eine charakteristische Schneelast, die bis zur angegebenen Höhe gilt:
Schneelastzone | Schneelast | max. Höhe (Gültigkeit der Schneelast/ über dem Meeresspiegel) |
---|---|---|
1 | 0,65 kN/m² | 400 m |
1a | 0,81 kN/m² | 400 m |
2 | 0,85 kN/m² | 285 m |
2a | 1,06 kN/m² | 285 m |
3 | 1,10 kN/m² | 255 m |
Die Schneelast wird in den Einheiten Kilonewton (kN/m²) oder Kilogramm pro Quadratmeter (kg/m²) angegeben. Dabei gilt: Ein kN/m² entspricht ungefähr 101,97 kg/m². Informationen über die Tragfähigkeit Deines Daches lassen sich beispielsweise aus den statischen Angaben im Standsicherheitsnachweis des Gebäudes entnehmen.
Schritt 2: Informiere Dich über die Art des gefallenen Schnees
Die Schneelast, der ein Dach ausgesetzt ist, hängt nicht nur von der Menge, sondern auch von der Art und Dichte des Schnees ab. Neuschnee hat eine mittlere Dichte von etwa 100 kg/m³, während trockener Altschnee eine Dichte von 300 kg/m³ aufweist. Die Schneelast lässt sich durch die Formel:
Mittlere Dichte x Schneeschicht in Metern berechnen.
Es ist wichtig zu beachten, dass für die gesamte Last des Daches nicht nur die potenzielle Schneelast berücksichtigt werden sollte. Beispielsweise erhöhen auch Photovoltaik-Module auf dem Dach das Lastgewicht.
Schritt 3: Berechne die Schneelast für Deine Dachart
Auf Dachflächen verhält sich die Schneelast je nach Dachform unterschiedlich. Es existieren verschiedene Formeln für Flachdächer, Pultdächer, einseitig geneigte Dächer, beidseitig geneigte Dächer und Tonnendächer. Da es auch Kombinationen dieser Dächer oder andere bauliche Besonderheiten geben kann, beschränken wir uns hier auf eine vereinfachte Formel. Diese liefert einen Annäherungswert, für eine präzisere Berechnung solltest Du eine Fachkraft zurate ziehen.
Die Formel unterscheidet sich nach Dachneigung (α). Ab einer Neigung von 60 Grad wird eine Schneelast von 0 kN/m² angenommen, da der Schnee einfach vom Dach rutscht. Hier die Formeln:
α ≤ 30 °: Sk(Dach) = Sk(Boden) * 0,8
30° < α ≤ 60°: Sk(Dach) = Sk(Boden) [0,8 ( 60° - α) / 30°]
α > 60°: Sk(Dach) = 0 kN/m²
Maßnahmen gegen übermäßige Schneelast bei PV-Anlagen.
Hersteller geben die maximale Schneelast der Module im Normalfall in ihren Datenblättern an. Meist liegt diese bei 2.400 Pascal (entsprechend 2,4 kN/m² Last). Das ist für die meisten Schneelastzonen in Deutschland absolut ausreichend. Außerdem solltest Du beachten, dass im gängigen Prüfverfahren keine höhere Belastung als 2.400 Pascal getestet wird. Einige Solarmodule halten deshalb sogar noch mehr aus, als im Datenblatt angegeben.
Trotzdem solltest Du folgendes beachten:
- Module mit besonders widerstandsfähiger Glasabdeckung und stabil ausgeführtem Rahmen sind besser gegen Schneebelastungen geschützt als rahmenlose Module.
- Wenn Du die Module gut erreichen kannst, lohnt es sich, die Anlage regelmäßig von Schnee zu befreien. Denn eine dichte Schneedecke verhindert jegliche Erträge. Achte bei der Reinigung allerdings auf Deine eigene Sicherheit und die der Module.
Lasten-Überlagerung bei Schnee und Wind.
Die einfache Addition der erwarteten Lasten von Wind, Schnee und Gewicht führt zu unrealistischen statischen Annahmen. Daher werden die ermittelten äußeren Lasten und die Gewichtslasten eines Bauprojekts unter Einbeziehung von Teilsicherheitswerten und Kombinationsfaktoren überlagert.
Dies wird durch den Eurocode 3 (ehemals DIN EN 1993-1-1) geregelt. Der Konstruktionsentwurf muss den resultierenden Lastfallkombinationen in Bezug auf Tragfähigkeit und Standsicherheit entsprechen. Eventuelle erforderliche Maßnahmen zur Beschwerung einer Konstruktion können ebenfalls durch Berechnungen abgeleitet werden.
Fazit: Windlast und Schneelast berechnen lohnt sich.
Die Wind- und Schneelast kann sich je nach Standort teils maßgeblich unterscheiden. Du solltest also wissen, ob Du Dich in einer Region mit erhöhter Schnee- oder Windlast befindest und Dein Dach oder Deinen Anbau darauf abstimmen. Denn wenn die Wetterlasten bei der Statik-Berechnung nicht ausreichend berücksichtigt werden, führt das mitunter zu großen materiellen und finanziellen Schäden.
Allerdings sollten Wind- und Schneelast gerade bei kleineren, privaten Konstruktionen auch nicht überbewertet werden. Solange Du Dich beispielsweise beim Aufbau einer PV-Anlage an die Vorgaben des Herstellers hältst und für Starkwetter-Regionen angemessene Sicherheitsvorkehrungen triffst, ist die Wahrscheinlichkeit für Schäden äußerst gering.
Trotzdem lohnt es sich auf stabile und qualitativ hochwertige Solaranlagen wie die von priwatt.de zu setzen.