Brauche ich für mein Balkonkraftwerk eine Genehmigung vom Vermieter? Das ist der aktuelle Stand (2024)!
Erneuerbare Energien erfahren seit einigen Jahren den für unsere Umwelt so notwendigen Boom.
Vor allem im Bereich Solarenergie hat sich einiges getan: Nicht zuletzt die Ausbreitung von Stecker-Solaranlagen in deutschen Haushalten bedeutete einen enormen Vorschritt in der privaten Energiewende.
Um den Hype rund um die allgemein als Balkonkraftwerke bekannten Mini-PV-Anlagen zu fördern, haben BetreiberInnen von Solaranlagen in den letzten Jahren einige gesetzliche und bürokratische Erleichterungen erfahren. Die Mehrwertsteuer-Freiheit für Photovoltaik-Anlagen und deren Komponenten ab Januar 2023, die beschlossene Steigerung der erlaubten Einspeiseleistung von Balkonkraftwerken von 600 Watt auf 800 Watt im Frühjahr 2024 - und demnächst wohl der allgemeine Rechtsanspruch auf ein Balkonkraftwerk!
Ein neuer Gesetzesentwurf der Regierung sieht vor, dass Stecker-Solargeräte demnächst ein Teil des Katalogs der privilegierten baulichen Veränderungen werden. Durch Gesetzesänderungen, wie sie der Entwurf vorsieht, hätten MieterInnen gegenüber VermieterInnen und WohnungseigentümerInnen, sowie gegebenüber Wohnungseigentümergemeinschaften einen Anspruch darauf, dass eine Stecker-Solaranlage installiert werden darf.
Balkonkraftwerke: Zum einen für MieterInnen vorteilhaft, zum anderen auch für VermieterInnen
Sobald Stecker-Solargeräte den privilegierten baulichen Veränderungen angehören werden, wie es der neue Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorsieht, können die Installation von Balkonkraftwerken und ihr Betrieb von VermieterInnen und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht mehr ohne triftigen Grund verboten werden.
- Das ist zum einen für MieterInnen vorteilhaft, denn laut Entwurf können sie künftig ohne die Genehmigung von VermieterInnen Balkonkraftwerke und andere Stecker-Solaranlagen betreiben.
- Zum anderen profitieren EigentümerInnen in Wohnungseigentümergemeinschaften von dem neuen Gesetzesentwurf, weil die Gemeinschaft ihnen die Installation einer Stecker-Solaranlage demnächst grundsätzlich nicht mehr verbieten darf.
Bei der Umsetzung des neuen Gesetzesentwurfs in nationales Recht bestünde ein allgemeiner Rechtsanspruch auf die Installation und den Betrieb von Balkonkraftwerken und anderen Stecker-Solaranlagen.
Ob auf dem Balkon, auf einer Terrasse oder auf dem Dach installiert, wäre letztlich unerheblich: Die Errichtung und den Betrieb von Balkon-Solaranlagen sowie anderen Anlagen könnte man nur noch unter bestimmten und sehr seltenen Bedingungen verbieten. Welche Bedingungen dies sind und welche Änderungen der neue Gesetzesentwurf im Detail vorsieht, schauen wir uns in den nächsten Abschnitten an.
Balkonkraftwerk-Genehmigung: VermieterInnen und Wohnungseigentümergemeinschaften dürfen bald nicht mehr widersprechen
Derzeit (Stand: September 2023) gilt die Installation von Balkonkraftwerken und anderen Stecker-Solargeräten im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gemäß § 20, Absatz 1 als eine bauliche Veränderung: "Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden."
Wohnungseigentümergemeinschaften haben laut aktuellem WEG also mehr als nur ein Mitspracherecht bei der Entscheidung, ob EigentümerInnen eine Solaranlage auf der gemeinsamen Immobilie montieren und betreiben darf: Die Gemeinschaft kann die Montage und den Betrieb von Stecker-Solargeräten verbieten.
Oft wird im Zusammenhang mit der Installation von Stecker-Solaranlagen darauf verwiesen, dass Mieter*innen eine Genehmigung benötigen. Doch das WEG in seiner aktuellen Fassung zeigt, dass auch EigentümerInnen - sofern sie einer Wohnungseigentümergemeinschaft angehören - zur Errichtung von Balkon-Solaranlagen und weiteren Solaranlagen eine Genehmigung benötigen.
Ob auf dem Balkon, auf einer Terrasse oder auf dem Dach: Stecker-Solargeräte künftig mit Privilegien
Die von der Regierung geplante Veränderung durch den neuen Gesetzesentwurf verändert die Rechtslage zum Vorteil von EigentümerInnen, die selbst Strom erzeugen möchten. Sie bezieht sich auf den 2. Absatz des § 20 im WEG. Darin werden die sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen aufgeführt, die EigentümerInnen in der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen dürfen.
Es handelt sich derzeit (Stand: September 2023) bei einer baulichen Veränderung, die einem der folgenden Zwecke dient, um eine privilegierte bauliche Veränderung:
- Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen
- Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge
- Einbruchsschutz
- Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
Das Vorhaben im Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Stecker-Solaranlagen ebenfalls als eine privilegierte bauliche Veränderung kategorisiert werden. Als Begründung hierfür werden u. a. die positiven Einflüsse der Mini-PV-Anlagen auf die Energiewende und auf die Unabhängigkeit in der Energieversorgung angeführt.
Auch im Mietrecht sind Änderungen angedacht
Da es kein Mietgesetzbuch gibt, ist bei mietrechtlichen Fragen einerseits der individuell geschlossene Mietvertrag relevant. Andererseits ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ausschlaggebend. In diesem ist in § 554, Absatz 1 festgelegt: "Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen."
Mit Ausnahme der baulichen Veränderungen zum "Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität" (§ 20, Absatz 2 WEG) sind die privilegierten baulichen Veränderungen derzeit im WEG und im BGB identisch. Der neue Gesetzesentwurf sieht wie beim WEG auch im BGB eine Erweiterung des Katalogs der privilegierten baulichen Veränderungen um Stecker-Solargeräte vor.
Näheres zu den WEG-Änderungen: Ein Balkonkraftwerk darf trotzdem nur mit einem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft gebaut werden!
In Wohnungseigentümergemeinschaften gilt der Grundsatz, dass ohne den Beschluss der Gemeinschaft nicht gebaut werden darf. Dieser Grundsatz bleibt von dem neuen Gesetzesentwurf unberührt.
Künftig soll gelten, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft Vorgaben dazu machen darf, "wie" das Balkonkraftwerk oder eine andere Stecker-Solaranlage installiert werden darf. Allerdings dürfen keine überzogenen Vorgaben gemacht werden und die Installation einer Stecker-Solaranlage auf dem Balkon oder an einem anderen Ort darf nicht generell verboten werden.
Die Vorgaben dazu, "wie" ein Balkonkraftwerk installiert werden darf, betreffen unter anderem die Frage, ob das Balkonkraftwerk als optisch nicht störend erachtet wird. Falls das Balkonkraftwerk nicht zur Umgebung passt, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft Vorgaben machen oder die Installation des Balkonkraftwerks verbieten.
Es ist außerdem möglich, dass es der Wohnungseigentümergemeinschaft erlaubt sein wird, Vorgaben dazu zu machen, ob ein Schuko-Stecker oder ein normkonformer Anschluss genutzt werden soll. Die Installation eines Balkonkraftwerks über einen normkonformen Anschluss hätte für AnlagenbetreiberInnen den Vorteil, dass sie mit einer höheren Leistung als 600 Watt Strom über die Steckdose einspeisen könnten. Zu beachten ist allerdings, dass ohnehin bald mit 800 Watt anstelle von 600 Watt eine höhere Bagatellgrenze für Anlagen mit Schuko-Stecker eingeführt wird.
Näheres zu den Änderungen im Mietrecht: Obwohl VermieterInnen ein Balkonkraftwerk erlauben müssen, können sie von der Wohnungseigentümergesellschaft abhängig sein
Grundsätzlich soll laut dem neuen Gesetzesentwurf gelten, dass VermieterInnen nicht das Recht zusteht, die Installation von Balkonkraftwerken und anderen Stecker-Solaranlagen zu verweigern. Mehr noch: Falls zur Installation der Anlage auf dem Balkon, auf einer Terrasse, auf dem Dach oder an einem anderen Aufstellort eine bauliche Veränderung vorgenommen werden muss, müssen VermieterInnen diese genehmigen! Somit werden MieterInnen durch die Gesetzesänderungen gegenüber der Zeit davor in mehrfacher Hinsicht im Vorteil sein, wenn sie ein Balkonkraftwerk oder eine andere Stecker-Solaranlage errichten möchten.
Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass VermieterInnen in Wohnungseigentümergemeinschaften von den Entscheidungen der Gemeinschaft abhängig sind. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Installation einer Stecker-Solaranlage Vorgaben macht, die nicht überzogen sind, müssen VermieterInnen diese Vorgaben an die MieterInnen weiterreichen. Die MieterInnen dürfen bei der Installation der Anlage anschließend nur gemäß diesen Vorgaben handeln.
Weitere Erleichterung: Balkonkraftwerke werden wohl nicht mehr als Bauprodukte bewertet
Die im WEG und BGB aufgestellten Regeln zu baulichen Veränderungen gelten unter anderem für Bauprodukte. Als Bauprodukte hat man bisher auch Balkonkraftwerke und andere Stecker-Solargeräte kategorisiert. Allerdings wird zunehmend angezweifelt, dass ein Balkonkraftwerk oder ein anderes Stecker-Solargerät ein Bauprodukt ist.
Martin Rücker, der Vorsitzender der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz ist, teilte mit, das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) werde bald bekannt machen, dass Balkonkraftwerke keine baulichen Produkte sind - so berichtet die Online-Fachzeitschrift heise online in einem ihrer Artikel. Wie kommt es zu dieser veränderten Auffassung, nach der ein Balkonkraftwerk nun kein Bauprodukt mehr ist?
Hierbei hilft die Definition von Bauprodukten gemäß der Musterbauordnung der Bauministerkonferenz vom 22.02.2019, § 2 Absatz 10 durch: „Bauprodukte sind
- Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden,
- aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden
und deren Verwendung sich auf die Anforderungen nach § 3 Satz 1 auswirken kann.“
Ein Balkonkraftwerk und auch ein anderes Stecker-Solargerät ist nicht dafür vorgesehen, dauerhaft in einer baulichen Anlage eingebaut zu werden oder mit dem Erdboden verbunden zu werden. Aus diesem Grund entspricht es nicht den Anforderungen, die ein Produkt erfüllen muss, um als Bauprodukt zu gelten.
Der Ausschluss von Balkonkraftwerken und Stecker-Solargeräten aus der Kategorie der Bauprodukte hätte für MieterInnen sowie EigentümerInnen in Wohnungseigentümergemeinschaften eventuell den Vorteil, dass die Installation eines Balkonkraftwerks bzw. einer anderen Mini-PV-Anlage nicht genehmigungspflichtig wäre. Die aktuell geltenden Gesetze im WEG und BGB beziehen sich nämlich auf bauliche Veränderungen. Von einer baulichen Veränderung kann jedoch nicht die Rede sein, wenn Balkonkraftwerke und andere Stecker-Solargeräte nicht mehr als Bauprodukte gelten.
Es ist derzeit allerdings unklar, inwiefern der Ausschluss aus der Kategorie der Bauprodukte es MieterInnen und EigentümerInnen in Wohnungseigentümergemeinschaften rechtlich vereinfacht, ein Balkonkraftwerk oder ein anderes Stecker-Solargerät ohne Genehmigung zu installieren und zu betreiben.
Fazit: Hürden für die Installation und für den Betrieb von Stecker-Solaranlagen werden weiter abgebaut
Man darf erwarten, dass der neue Gesetzesentwurf der Regierung zeitnah in nationales Recht überführt wird. Dies wird für den Abbau von Hürden bei dem Ausbau erneuerbarer Energien einen großen Beitrag leisten.
Es ist zu erwarten, dass vor allem MieterInnen von der bevorstehenden Gesetzesänderung profitieren werden, denn unter MieterInnen ist die Nachfrage nach Balkonkraftwerken besonders hoch.